Elektroautos als flexible Stromspeicher – Ein Schlüssel für die Energiewende?
Wie E-Autos das Stromnetz stabilisieren, als Speicher dienen und mit Vehicle-to-Grid (V2G) zur Energiewende beitragen könnten.
In Deutschland sind bereits mehr als eine Million vollelektrische Fahrzeuge unterwegs. Ihre Akkus speichern heute schon mehr Energie als alle deutschen Pumpspeicherkraftwerke zusammen. Bis 2030 sollen es 15 Millionen E-Autos sein. Doch können ihre Batterien helfen, das Stromnetz zu stabilisieren?
Mit dem Anstieg der Elektrofahrzeuge wächst auch ihr Energiebedarf – und damit die Belastung der Stromnetze. Gleichzeitig bieten ihre leistungsfähigen Akkus eine Chance, das Stromsystem besser auszubalancieren. Moderne Fahrzeugbatterien speichern zwischen 40 und 100 Kilowattstunden Strom. Laut der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) übersteigt das Speicherpotenzial von mehr als einer Million Elektroautos bereits heute die Kapazität aller deutschen Pumpspeicherkraftwerke, die sich auf rund 40 Gigawattstunden beläuft.
Die Bundesregierung plant, dass bis 2030 rund 15 Millionen Elektroautos auf Deutschlands Straßen fahren. Automobil-Experten schätzen, dass etwa 30% dieser Fahrzeuge bidirektional laden können – also nicht nur Strom aus dem Netz beziehen, sondern ihn auch wieder zurückspeisen. Diese Fähigkeit ist besonders wertvoll, denn sie ermöglicht eine flexible Nutzung: entweder als Stromquelle für das eigene Haus (Vehicle-to-Home) oder direkt für das öffentliche Netz (Vehicle-to-Grid).
Haushaltsnahe Speicherlösungen – darunter Heimspeicher, Wärmepumpen und Elektroauto-Batterien – könnten im Jahr 2035 eine Gesamtspeichergröße von rund 4,5 Terawattstunden erreichen. Das wäre mehr als das Hundertfache der aktuellen Pumpspeicherkapazität.
Elektroautos könnten in Zukunft eine entscheidende Rolle an den Strombörsen spielen. Flotten von Fahrzeugbatterien könnten helfen, Schwankungen zwischen Stromangebot und -nachfrage auszugleichen und so zur Netzstabilität beitragen. Beispielsweise könnten sie sogenannte Primär- oder Sekundärregelleistung erbringen – also innerhalb von Sekunden bis zu 15 Minuten Energie liefern oder aufnehmen, um Frequenzschwankungen auszugleichen.
Ein weiteres denkbares Szenario ist der sogenannte Redispatch – eine Maßnahme zum Engpassmanagement im Stromnetz. Wenn im Norden Deutschlands mehr Windstrom erzeugt wird, als die Netze in den Süden transportieren können, entstehen Engpässe. Um diese zu vermeiden, müssen derzeit Windkraftanlagen abgeregelt und gleichzeitig Kohlekraftwerke hochgefahren werden, um die Stromversorgung im Süden sicherzustellen.
Zukünftig könnten dezentrale Speicher wie E-Auto-Batterien dieses Problem entschärfen: Ein virtuelles Kraftwerk aus Tausenden von Fahrzeugbatterien könnte überschüssigen Windstrom speichern und ihn bei Bedarf in südlichen Regionen einspeisen. Erste Unternehmen vernetzen bereits kleinere Batteriespeicher zu virtuellen Kraftwerken. Doch bidirektionale Autobatterien in großem Maßstab sind bislang noch Zukunftsmusik.
Damit Elektroautos als Energiespeicher funktionieren, müssen sie hohe technische Anforderungen erfüllen. Besonders für die Bereitstellung von Primärregelleistung müssen Batterien innerhalb von 30 Sekunden Energie liefern können. Laut dem Unternehmen The Mobility House ist das technisch machbar: Nach einem Kraftwerksausfall im Juni 2023 konnten 4.500 vernetzte Batteriespeicher in Sekunden eine Energiemenge bereitstellen, die dem Bedarf von 20.000 Haushalten entsprach.
Dabei handelte es sich jedoch um stationäre Speicher – technisch wäre dasselbe aber auch mit mobilen Fahrzeugbatterien möglich. Eine entscheidende Hürde ist jedoch die fehlende Standardisierung der Technologie. Netzbetreiber arbeiten bereits an Plattformen, die mit Blockchain-Technologie eine sichere Integration von E-Autos in den Strommarkt ermöglichen sollen.
Neben technischen gibt es auch wirtschaftliche Herausforderungen: Noch sind die regulatorischen Rahmenbedingungen für den Einsatz von Autobatterien als Netzspeicher unklar. Während sich Netzbetreiber die Kosten für das Hochfahren von Kohlekraftwerken erstatten lassen können, fehlt bislang ein ähnlicher Mechanismus für die Nutzung von Fahrzeugbatterien im Redispatch.
Eine Studie zeigt, dass eine marktbasierte Nutzung flexibler Batteriespeicher bis 2028 in Baden-Württemberg die Kosten für Engpassmanagement um bis zu 47 Millionen Euro pro Jahr senken könnte. Dennoch gibt es derzeit keine klare Regelung, wie die Kosten für bidirektionales Laden erstattet werden können.
Ein weiteres Problem sind doppelte Netzentgelte: Der in Autobatterien gespeicherte Strom wird beim Einspeichern und erneut beim Ausspeichern mit Gebühren belegt – im Gegensatz zu stationären Speichern, die von diesen Abgaben befreit sind. Anbieter von E-Mobilitätslösungen fordern daher eine Gleichstellung beider Speicherarten, um bidirektionales Laden wirtschaftlich attraktiver zu machen.
Ein zentrales Thema ist die Lebensdauer der Fahrzeugbatterien. Experten betonen, dass eine Batterie durch häufiges Ein- und Ausspeichern nicht zwangsläufig schneller altert. Ein durchschnittliches Elektroauto benötigt etwa 60 Vollladezyklen pro Jahr für den Fahrbetrieb. Bei netzdienlicher Nutzung kämen weitere 60 Zyklen hinzu, sodass in zehn Jahren etwa 1.200 Ladezyklen erreicht würden – bei einer ausgelegten Lebensdauer von 1.500 bis 3.000 Zyklen.
Daher könnte das bidirektionale Laden langfristig wirtschaftlich sein. Unternehmen wie Renault planen, E-Auto-Batterien gezielt für das Stromnetz nutzbar zu machen. Besitzer könnten so Strom günstiger laden und zu höheren Preisen wieder einspeisen – und dabei bis zu 1.000 Euro jährlich sparen.
Die Idee, Elektroautos als flexible Stromspeicher einzusetzen, bietet enorme Chancen für die Energiewende. Technisch ist das bidirektionale Laden machbar, und erste Projekte zeigen vielversprechende Ergebnisse. Doch regulatorische Hürden, wirtschaftliche Rahmenbedingungen und die notwendige Standardisierung bremsen den Fortschritt.
Ob bidirektionales Laden bald ein fester Bestandteil des Energiesystems wird, hängt entscheidend davon ab, wie schnell diese Herausforderungen gelöst werden. Fest steht: Die Zukunft der Elektromobilität könnte weit über das Fahren hinausgehen – hin zu einem intelligenten, vernetzten Stromspeicher für die gesamte Gesellschaft.
Wie E-Autos das Stromnetz stabilisieren, als Speicher dienen und mit Vehicle-to-Grid (V2G) zur Energiewende beitragen könnten.
Erfahren Sie, wie eine PV-Parkplatzüberdachung Stromkosten senkt, E-Autos lädt, Witterungsschutz bietet & zur Energiewende beiträgt. Vorteile, Förderung & Planung!
Nutzen Sie die Energiewende zu Ihrem Vorteil. Senken Sie Ihre Energiekosten mit Photovoltaik und profitieren Sie von einer nachhaltigen, grünen Zukunft.
Solaranlagen auf dem Wasser – innovative Energieversorgung für Regionen mit begrenztem Land für mehr Nachhaltigkeit.
Erfahren Sie in unserem umfassenden Leitfaden alles über Planung, Installation und Finanzierung von Solaranlagen.
Dynamische Stromtarife ermöglichen Haushalten von den aktuell günstigsten Preisen zu profitieren.
Das Solarpaket 1 bringt erhebliche Erleichterungen bei der Installation von Photovoltaikanlagen mit sich. Wie sich diese Änderungen in der Praxis auswirken, erfahren Sie hier.
Erfahren Sie mehr über die wachsende Rolle und Vielseitigkeit von Batteriespeichern in der Energiewende. Von Heimspeichern bis zu Großprojekten.
Was Überschussladen mit einer Wallbox und PV-Anlage bedeutet und welche Vorteile man dadurch hat - kurz und kompakt.